Meike Gebhard Umweltrat
Typisch UmweltBank

„Nachhaltigkeit gehört ins Kerngeschäft.“

Meike Gebhard im Interview

Die UmweltBank hat hohe ökologische Maßstäbe. Um zu überprüfen, ob sie diese tatsächlich erfüllt, gibt es den Umweltrat. Dr. Meike Gebhard ist seit Juli 2022 die neue Vorsitzende des Umweltrats. Florian Schultz hat mit ihr über ihre neue Rolle und ihre Pläne für die kommende Zeit gesprochen.

Meike, herzlichen Glückwunsch zum Vorsitz. Wie kam es eigentlich dazu, dass du zur UmweltBank gekommen bist?

Der allererste Kontakt zur UmweltBank war eigentlich gar kein Kontakt zu mir, sondern ein Kontakt zwischen der UmweltBank und Utopia. Utopia ist eine Online-Plattform, die rund um das Thema Nachhaltigkeit informiert. In meiner Rolle als Geschäftsführerin von Utopia habe ich zu vielen Akteurinnen und Akteuren aus der Branche Kontakt, auch zum grünen Bankensektor.

Mittlerweile ist Nachhaltigkeit ja ein wichtiges Thema geworden und viele große Unternehmen transformieren sich. Aber wenn man mal genauer hinschaut, gibt es in der deutschen Nachhaltigkeitsszene nur eine kleine Gruppe an Pionieren. Da kennen sich alle und man hat sich wechselseitig auf dem Schirm.

Irgendwann hat mich die UmweltBank zu einem Interview eingeladen und es folgte dann die Frage, ob ich nicht Mitglied des Umweltrates werden möchte. Der sollte nämlich erweitert werden und zwar gerne durch Frauen. Damals waren drei Männer im Umweltrat. Tja, und da kamen sie auf mich.

 

Und nun bist du also die Vorsitzende des Umweltrats. Was reizt dich persönlich an dieser Position?

Ich war zuletzt bereits stellvertretende Vorsitzende. Ich bin ein Mensch, der gerne Verantwortung trägt. Und ich finde es gut, wenn die Rolle auch mal Frauen ausüben. Ich habe den Vorsitz ja zusammen mit Claudia Müller übernommen. Mein Vorgänger Harald Bolsinger hat den Vorsitz großartig gemacht. Es geht mir deshalb nicht darum, große Veränderungen herbeizuführen. Wir werden aber vielleicht eine andere Handschrift haben.

Außerdem sind wir ja nicht nur ein geschlechterdiverses Gremium, wir haben unterschiedliche Fähigkeiten und Hintergründe. Wir haben Kompetenzen aus dem Bereich nachhaltiges Bauen, Energiewirtschaft, nachhaltige Finanzen. Mein Thema ist die Nachhaltigkeitskommunikation und ich freue mich, mich hier aktiv einzubringen. Wobei man sagen muss, dass man im Umweltrat ja gar nicht so sehr führt. Der Umweltrat ist ein gleichberechtigtes Gremium. Man ist eher Primus inter Pares.

 

Hast du bestimmte Themen, die du im Umweltrat als Vorsitzende angehen möchtest?

Ich verstehe meine Rolle im Umweltrat tatsächlich etwas bescheidener. Es ist ja die UmweltBank, die bestimmt, wo ihre Reise als Unternehmen hingeht. Der Umweltrat ist so etwas ähnliches wie ein »Aufsichts-Umweltrat«. Wir, die Mitglieder, sehen uns als Sparringspartner für die UmweltBank. Wir sind dazu da, zu prüfen, ob etwas aus Sicht der Nachhaltigkeit ambitioniert und richtig ist.

Zudem finde ich, dass wir in sehr spannenden Zeiten unterwegs sind. Damit meine ich nicht nur die Zinsentwicklung, die ja alle Banken fordert, sondern die Entwicklung des europäischen Bankensektors. Es gibt nicht mehr die alte Zweiteilung: auf der einen Seite die konventionellen Banken und die nachhaltigen Banken auf der anderen. Denn auch die konventionellen Großbanken müssen sich wandeln und sich des Themas Nachhaltigkeit verstärkt annehmen. Und wenn sich die Bankenlandschaft neu aufstellt, muss man überlegen, wo man steht und wie man sich positioniert. Das sind Themenfelder, die mich sehr interessieren: Wie kommuniziert man Nachhaltigkeit? Wie integriert man das in die Marke? Und bei diesen Fragen bin ich wahnsinnig gerne Begleiterin der UmweltBank.

 

Als Geschäftsführerin von Utopia hast du dich viel damit auseinandergesetzt, was Menschen in ihrem Alltag tun können, um nachhaltiger zu leben. Welche Rolle spielen nachhaltige Finanzen deiner Meinung nach dabei?

Bei Utopia machen wir alle zwei Jahre eine große Konsumstudie. Da fragen wir immer ab, welche Relevanz Nachhaltigkeit in verschiedenen Konsumbereichen hat. Da haben wir schon festgestellt, dass nachhaltige Finanzen für viele Menschen noch nicht so präsent sind, selbst bei denen, die insgesamt bereits sehr auf einen nachhaltigen Lebensstil achten. Ernährung oder Kosmetik landen immer ganz oben in der Studie. Das liegt sicherlich daran, dass wir in diesen Bereichen täglich Entscheidungen treffen. Eine Altersvorsorge hingegen, die schließt man einmal ab und lässt sie liegen. Das erscheint dann vielleicht weniger wichtig.

Aber wir sehen auch, dass sich hier etwas verändert. In den letzten Jahren hat das Feld nachhaltige Finanzen in der Studie stark an Bedeutung gewonnen und Jahr für Jahr immer um vier bis fünf Prozentpunkte zugelegt. Es wird den Menschen langsam präsenter, dass Geld der eigentliche Hebel ist, um Wandel herbeizuführen. Dazu tragen auch die Veränderungen bei den großen Banken bei, die für mehr Sichtbarkeit sorgen. Hier wird sich bestimmt in den nächsten Jahren viel tun.

Wenn erst das Vorurteil überwunden ist, dass nachhaltige Anlage weniger Rendite abwirft – was ja absolut nicht stimmt – wird es einen großen Schub geben. Die Menschen entscheiden sich ja nicht gegen ihren finanziellen Vorteil.

 

Hast du denn das Gefühl, dass das Thema Nachhaltigkeit in den deutschen Unternehmen wirklich angekommen ist?

Ich beobachte schon eine Veränderung. Lange Zeit sah es ja so aus: Es gab das nicht nachhaltige Kerngeschäft, in dem man das Geld verdient. Und dann hatte man abseits davon eine Nachhaltigkeitsabteilung als das „gute Gewissen“. Die hat sich drum gekümmert, dass man als Unternehmen Verantwortung übernimmt und sich zum Beispiel sozial oder gesellschaftlich engagiert.

Bei einer echten Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit geht es aber um etwas ganz anderes: Das Kerngeschäft muss nachhaltig werden. Es reicht nicht, nebenbei ein bisschen „Klima zu kompensieren“ und umweltschädliche Geschäftspraktiken auszugleichen. Allein durch die EU-Regulatorik und die Taxonomie bewegt sich gerade sehr viel. Auch die Pflicht, dass viel mehr Unternehmen nun zum Thema Nachhaltigkeit berichten müssen, finde ich sehr gut. Das wird etwas bewegen, denn all das zwingt die Geschäftsleitungen, sich wirklich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Wir sind da gerade an einer Weggabelung. Nachhaltigkeit wird Schritt für Schritt in das Kerngeschäft integriert werden, davon bin ich überzeugt.